Im Steuerdickicht: Unübersichtliche Regelungen in den US-Bundesstaaten

In den USA gelten vollkommen andere Steuervorschriften als in Europa. Mithilfe von Steuertechnologie bleiben Unternehmen vorschriftskonform und vermeiden Betriebsprüfungen und Reputationsschäden

Verfasser: Peggi Rockefeller, Chief Tax Officer, und Andrew Hallsworth, Senior Solutions Engineer bei Vertex

Das System der US-amerikanischen Umsatz- und Gebrauchssteuer ist enorm komplex. Es umfasst ein verwirrendes Netzwerk aus Steuerarten, Steuersätzen und Ausnahmen, die obendrein eine Vielzahl von Varianten aufweisen.

Hier können bereits geringfügige Fehler enorme Auswirkungen haben – einschließlich Steuerstrafen, Zinsen und Bußgelder. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen vor einer Expansion in die USA die mit diesem Schritt verbundenen steuerlichen Implikationen prüfen. Um erfolgreich zu sein, ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie sich mit fundierten lokalen Fachkenntnissen und datengesteuerter Steuertechnologie rüsten.

Bewegliche Ziele

Das amerikanische Steuersystem ist stark dezentralisiert. Konkret bedeutet dies, dass die einzelnen Bundesstaaten, Städte und Bezirke die Freiheit haben, ihre eigenen Steuerregeln zu bestimmen. Aus diesem Grund ist die Identifizierung der Zuständigkeiten und die genaue Bestimmung der Steuersätze eine enorme Herausforderung. Darüber hinaus hängen die US-Klassifizierungen und Verkaufssteuerbefreiungen (Sales Tax) im Gegensatz zur Umsatzsteuer (VAT) nicht nur vom Standort ab, sondern auch vom verkauften Produkt, an wen es verkauft wird und wie es verwendet wird.

In Chicago beispielsweise teilt sich der Umsatzsteuersatz von 10,25 Prozent in mehrere Komponenten auf: 6,25 Prozent werden vom Bundesstaat Illinios, 1,25 Prozent von der Stadt Chicago, 1,75 Prozent vom Landkreis und ein Prozent von der regionalen Verkehrsbehörde erhoben. In Tennessee werden auf Verkaufsbeträge bis 1.600 USD (1.374 EUR) sieben Prozent Umsatzsteuer erhoben, auf alle darüberliegenden Beträge bis 3.200 USD 2,75 Prozent. In Texas ist der Verkauf von elektronischen Daten unter bestimmten Umständen steuerpflichtig, allerdings nur zu 80 Prozent des Verkaufsbetrags. In New York ist Kleidung bis zu einem Preis von 110 USD (94 EUR) von der bundesstaatlichen Umsatzsteuer befreit, unterliegt aber der kommunalen Umsatzsteuer.

Diese Unterschiede können verwirrend sein. Es ist jedoch unerlässlich, dass Unternehmen verstehen, was von ihnen verlangt wird. Im Gegensatz zur europäischen Umsatzsteuer, die im beworbenen Preis enthalten ist, ist die US-amerikanische Verkaufssteuer deutlich sichtbar und wird buchstäblich am Point-of-Sale erhoben. Einzelhändler riskieren Sammelklagen, wenn sie zu viel Steuer berechnen, und sehr genaue Prüfungen mit entsprechenden Konsequenzen, wenn sie zu wenig berechnen. Außerdem riskieren sie eine Beeinträchtigung des Kundenerlebnisses.

Wissen macht den Unterschied

Das Verständnis der grundsätzlichen bundesstaatlichen und lokalen Steuerregeln sowie der Einsatz einer umfassenden Steuerautomatisierungstechnologie können für wachsende Unternehmen den Unterschied machen. So gibt es einige spezielle Steuerregeln, die international tätige Unternehmen bei einer Expansion in die USA beachten sollten.

Der Begriff „Nexus“ beschreibt, wann ein Unternehmen verpflichtet ist, sich für die Erhebung von Steuern in einer bestimmten Gerichtsbarkeit zu registrieren. Wenn ein Unternehmen also einen Nexus in einem Bundesstaat hat, muss es dort auch Steuern auf seine Verkäufe erheben. Dies unterscheidet sich von der formulargestützten Umsatzsteuerregistrierung in Europa, da ein Nexus durch die vorübergehende oder dauerhafte Präsenz von Eigentum oder Personen (Angestellte, Servicemitarbeiter oder unabhängige Verkaufs-/Servicevertreter) begründet sein kann. Diese Regelung schließt sogar Vertriebsbesuche, Messebesuche und vorübergehende Bestände in Lagern ein.

Jeder Bundesstaat definiert den Nexus anders, wodurch das Ganze kein einfaches Konzept ist. Einige Staaten haben Gesetze erlassen, wonach Unternehmen auch dann besteuert werden, wenn sie keine physische Präsenz haben, aber einen wirtschaftlichen Nexus aufweisen. Dies wiederum bedeutet, dass die entsprechenden Steuerverwaltungen den Umsatz und die Umsatzhäufigkeit heranziehen und darauf basierend bestimmen, ob ein Steuerzahler über einen Nexus verfügt. So kann zum Beispiel eine Firma, die einen Umsatz von über 500.000 US-Dollar (430.000 Euro) und mehr als 500 Transaktionen in dem jeweiligen Bundesstaat verzeichnet, als Unternehmen mit wirtschaftlichem Nexus eingestuft werden.

Die Gesetzgebung der Bundesstaaten ändert sich ständig und kann für Unternehmen, die einfach ihre Compliance sicherstellen möchten, echte Verwirrung stiften. Für die korrekte Identifizierung und Verwaltung des Nexus ist eine entsprechende Automatisierung entscheidend. Der Compliance-Prozess ist äußerst komplex. Der Versuch, ihn manuell zu bearbeiten, kann negative Auswirkungen für Unternehmen haben.

Für eine Reihe von Kunden bestehen Ausnahmen, die sich zudem je nach Bundesstaat unterscheiden. Die Verantwortung dafür, dass hierbei alles korrekt gehandhabt wird, liegt allein beim Verkäufer. Wenn er demnach eine Transaktion von der Steuer befreit, aber nicht über die richtige Befreiungsdokumentation verfügt, ist er für die Zahlung der nach einer Prüfung fälligen Steuer verantwortlich.

Die abschließende Herausforderung in Sachen Compliance im US-amerikanischen Steuersystem ist die korrekte Einreichung der Steuererklärungen. Jeden Monat sind entsprechende Meldungen auf staatlicher und oft auch lokaler Ebene fällig. Sie alle müssen korrekt und rechtzeitig eingereicht werden, da sonst Strafen drohen.

Der Weg nach vorn

Die Einhaltung der Vorschriften von unzähligen US-Steuerbehörden belastet unweigerlich die Ressourcen. Gleichzeitig erhöhen die US-Bundesstaaten ihre Prüfungsaktivitäten in Bezug auf Verkäufer aus Übersee. Um Fehler zu vermeiden, müssen Unternehmen ihre manuellen Berechnungen reduzieren. Automatisierte Steuertechnologie kann Steuerfachleuten menschliche Fehler bei der Berechnung von Steuererklärungen ersparen. So können unflexible, zeitaufwändige Arbeitsabläufe zu effizienten und präzisen Prozessen werden.

Mithilfe von Automatisierung können Unternehmen, Steuerzuständigkeiten und Steuersätze anhand von Geodaten überprüfen. Darüber hinaus bedeutet die automatische Zuweisung von Zuständigkeitsbereichen, dass Adressen stets den USPS-Standards mit vollständigen Postleitzahlen entsprechen. So sind Unternehmen auch bei der minimalsten Änderung in der kleinsten Gerichtsbarkeit immer auf der sicheren Seite.

Um das Risiko weiter zu reduzieren, können Unternehmen wichtige Steuerentscheidungen in den Händen ihrer Experten belassen. So haben interne Finanz- und Steuerabteilungen mehr Zeit für strategische Aufgaben zur Unterstützung des Unternehmens, anstatt sich mit Steuersätzen, Regeln und dem manuellen Ausfüllen von Steuererklärungen zu beschäftigen.

Mit sich ändernden Bestimmungen sowie zusätzlichem Druck von Steuerbehörden und Nichtregierungsorganisationen stand für globale Steuerfunktionen noch nie mehr auf dem Spiel. Infolgedessen muss die Steuerplanung und -verwaltung mehr denn je datengetrieben sein. Steuerabteilungen müssen Daten trennen und zuordnen, um mit den immer umfangreicheren Anforderungen an das Meldewesen Schritt zu halten. Dies erfordert präzisere Methoden zur Datenanalyse und -organisation.

Um die von global agierenden Unternehmen benötigte Verteidigungsfähigkeit zu gewährleisten, müssen Steuerverantwortliche einen soliden Plan haben. Während die Einzelheiten von den einzigartigen Merkmalen der Branche, des Unternehmens und des Marktes abhängen, sind Steuerverantwortliche mit einem starken Steuertechnologiesystem besser für die Bewältigung von Compliance-Anforderungen aufgestellt.

Die besten Arten der Steuertechnologie verfügen in der Regel über die folgenden Funktionen: Zugriff auf standardisierte Qualitätsdaten, Datenmanagement und erweiterte Analysen, Konsolidierung von Transaktionsdaten über mehrere Systeme hinweg, Synchronisation, Konvertierung und Katalogisierung von Steuerdaten für zukünftige Anforderungen sowie Portale für den Austausch von Steuer- und Finanzdaten.

Ohne automatisierte Steuerlösungen ist es schwierig und zeitaufwändig, auf dem neuesten Stand zu bleiben und die Compliance in Bezug auf bestehende Steuervorschriften zu gewährleisten. Steuertechnologie ist nicht nur für eine erfolgreiche Expansion in die Vereinigten Staaten entscheidend, sondern kann auch globale Steuerbemühungen unterstützen. So können sich Steuerfachleute auf die Geschäftsstrategie konzentrieren, was letztendlich das allgemeine Geschäftsergebnis verbessern wird.

Ursprünglich in „European CEO“ veröffentlicht.

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