Großbritannien nähert sich der Echtzeit-Besteuerung über das Split-Payment-Verfahren

Aus Sicht von Steuerbehörden, die Umsatzverluste aufgrund von Umsatzsteuerbetrug und Fehlern bei Online-Geschäften hinnehmen müssen, ist dies eine attraktive Vorstellung: Wie wäre es, wenn man bei allen elektronischen Transaktionen eine der beteiligten Parteien verpflichtet, Umsatzsteuer zum Zeitpunkt des Kaufs einzuziehen und unmittelbar an die Behörden abzuführen? Heutige Technologien zur Zahlungsabwicklung sind so weit ausgereift, dass es für Banken oder Zahlungsabwickler problemlos möglich wäre, die Umsatzsteuer vom Zahlungsbetrag abzuziehen und automatisch abzuführen.

Das ist das Prinzip hinter dem Mechanismus der geteilten Zahlung (Split-Payment-Verfahren), von dem sich Großbritannien eine Reduzierung der jährlichen Verluste von Mehrwertsteuer auf Online-Einkäufe erhofft, deren Höhe auf etwa 1 bis 1,5 Milliarden GBP geschätzt wird (Zahlen für 2015-16). Die britische Steuerbehörde HMRC (Her Majesty's Revenue and Customs) nimmt sich hier ein Vorbild an lateinamerikanischen Ländern, in denen ähnliche Mechanismen bereits in Kraft sind. In einem von Vertex veröffentlichten Whitepaper mit dem Titel „Minding  the VAT Gap: Split Payment and Real-Time Taxation Insights from Latin America“ („Überbrückung der Umsatzsteuerlücke – Split-Payment und Erkenntnisse aus der Echtzeit-Besteuerung Lateinamerikas“) nehmen die Steuerexperten Ana Maciel und Enrique Troiani die britischen Pläne und die Einflüsse aus Lateinamerika näher unter die Lupe.

Die HMRC hat eine Reihe von Konsultationsdokumenten zu diesem Thema herausgegeben. In dem jüngsten Dokument, das im März erschien, wird um Informationen zu Technologien gebeten, die zum Einziehen von Umsatzsteuer eingesetzt werden können. Steuerverantwortliche sollten die Entwicklung in Großbritannien sowie ähnliche Initiativen in anderen Ländern aus mindestens zwei Gründen im Auge behalten:

  1. Der Mechanismus der geteilten Zahlung wird sich voraussichtlich weiter durchsetzen. Steuerbehörden weltweit haben Probleme mit Mehrwertsteuerlücken – d. h. Defiziten zwischen den erwarteten und tatsächlich eingezogenen Beträgen. Daher sollten Steuerverantwortliche sich darauf einstellen, dass immer mehr Länder geteilte Zahlungen und andere Alternativen zu traditionellen Mechanismen zum Einzug von Mehrwertsteuer in Erwägung ziehen.
  2. Der britische Vorstoß fügt sich in einen allgemeinen Trend in Richtung Echtzeit-Besteuerung ein. Die Technologien, die für das Split-Payment-Verfahren erforderlich sind, unterstützen die Digitalisierung der Steuerabwicklung im größeren Rahmen, wie sie in bestimmten Ländern bereits aktiv durchgesetzt wird. Danny Vermeiren, der im Chief Tax Office von Vertex für die Umsatzsteuerabwicklung zuständig ist, hat diesem Thema bereits im vergangenen November einen Beitrag gewidmet. Entsprechende Vorschriften zur Echtzeit-Besteuerung würden neue Anforderungen an die Steuerabteilungen und ihre Technologien stellen.

Während Großbritannien einen ersten Vorstoß wagt, tut sich eine Reihe lateinamerikanischer Staaten als unbestrittene Weltmeister bei der Einführung des Split-Payment-Verfahres hervor. Ihre Strategien sind Thema eines meiner nächsten Beiträge.

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Fernando Silva, Director of Brazil Partnerships, Vertex Inc. The Vertex Industry Influencers provide insights regarding the impact of tax regulations, policy, enforcement and emerging technology trends on global businesses.

Fernando Silva

Director, LATAM

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Fernando Silva verfügt über mehr als 23 Jahre Erfahrung im Technologiesegment, wo er die Bereiche Strategie, Vertrieb und Betrieb auf allen Ebenen leitete. Er war für einige der bekanntesten Technologieunternehmen in Brasilien tätig und konzentrierte sich in den letzten elf Jahren auf den Markt für Tax & Accounting in Brasilien und Lateinamerika. Er arbeitete bereits bei Unternehmen wie Oracle, Mastersaf, TaxWeb und NFe do Brasil. Her Silva hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft und einen MBA in IT-Management von der FGV und der UCI California University.

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