Update Umsatzsteuer-Compliance, Teil 2: Geteilte Zahlungen

In Teil 1 dieser Blog-Reihe ging es um die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass sich die Verpflichtung zur Umsatzsteuermeldung in Echtzeit europaweit durchsetzen wird. Die Umsatzsteuermeldung in Echtzeit ermöglicht es Steuerbehörden, verdächtige Transaktionen frühzeitig zu erkennen und Steuerbetrug zu verhindern. Die Notwendigkeit dazu erübrigt sich allerdings, wenn Kunden gar keine Umsatzsteuer an potenzielle Steuerbetrüger entrichten. Das soll durch den Mechanismus der geteilten Zahlung (Split-Payment-Verfahren) erreicht werden.

Was bedeutet geteilte Zahlung?

Der Mechanismus der geteilten Zahlung (Split-Payment-Verfahren) ist eine alternative Methode zum Einzug der Umsatzsteuer. Traditionell ist es Aufgabe des Lieferanten, Umsatzsteuer von Kunden einzuziehen und sämtliche Transaktionen der Steuerbehörde zu melden. Die Steuerbehörde prüft dann, ob und in welcher Höhe Umsatzsteuerzahlungen fällig bzw. Vorsteuerüberhänge zu erstatten sind. Bei geteilter Zahlung wird die Umsatzsteuer beim Kauf direkt an die Steuerbehörde abgeführt bzw. auf ein Sperrkonto des Lieferanten überwiesen, das nur zu Steuerzwecken verwendet wird.

Das Split-Payment-Verfahren ist eine wirksame Maßnahme im Kampf gegen Steuerhinterziehung, da es verhindert, dass der Lieferant die eingezogene Umsatzsteuer einbehält, anstatt sie an die Steuerbehörde abzuführen. Es hat jedoch negative Auswirkungen auf den Cashflow der Lieferanten. Für Lieferanten entfällt damit die Möglichkeit zur direkten Verrechnung der auf Eingangsumsätzen lastenden Umsatzsteuer mit der Ausgangsumsatzsteuer, sodass sich ein Vorsteuerüberhang ergibt. Mit anderen Worten, sie zahlen zwar Umsatzsteuer auf Kauftransaktionen, erhalten sie aber nicht im Rahmen von Verkaufstransaktionen ganz oder teilweise zurückerstattet.

Geteilte Zahlung in Europa

Italien führte als erster EU-Mitgliedstaat die obligatorische Umsatzsteuerabwicklung nach dem Split-Payment-Verfahren bei allen Zahlungen an öffentliche Stellen ein. In der Folge wurde der Geltungsbereich dieser Vorschrift erweitert und umfasst nun alle Unternehmen unter staatlicher bzw. kommunaler Kontrolle sowie alle an der Mailänder Börse notierten Unternehmen.

Ab 1. November 2019 sind geteilte Zahlungen auch in Polen obligatorisch. Die einschlägige Vorschrift gilt für bestimmte B2B-Lieferungen (z. B. Elektronikgüter, Metall, Altmetall, Kraftstoff, Bauleistungen) ab einem Wert von 15.000 PLN (ca. 3.360 EUR). Die Mehrzahl der betroffenen Transaktionen fällt derzeit unter die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft, die die Verantwortung für die Meldung einer umsatzsteuerpflichtigen Transaktion vom Verkäufer auf den Käufer verlagert. Die Verpflichtung soll sowohl für in- als auch ausländische Lieferanten gelten, und ausländische Unternehmen müssen zur Annahme der Zahlungen ein Bankkonto in Polen eröffnen.

Die Einführung neuer Maßnahmen geht häufig mit neuen Strafen einher. Dies ist auch in Polen der Fall. Der Lieferant haftet für 100 % der geschuldeten Steuer, wenn die geteilte Zahlung auf der Rechnung nicht ausdrücklich als solche ausgewiesen wird. Unterlässt ein Kunde trotz gesetzlicher Verpflichtung die Teilung der Zahlung, wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 100 % der in der Rechnung ausgewiesenen Steuer oder bis zum 720-fachen des Tagessatzes fällig. Darüber hinaus sind die Kosten der gekauften Waren für das Unternehmen nicht abzugsfähig.

Die Einführung des Split-Payment-Verfahrens bedarf der Genehmigung durch die Europäische Kommission. Polen und Italien haben diese Genehmigung erhalten. Rumänien hatte ebenfalls einen entsprechenden Antrag gestellt. Dieser wurde von der Europäischen Kommission jedoch abgelehnt. Zur Begründung machte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit der vorgesehenen Maßnahmen und ihrer Vereinbarkeit mit EU-Recht geltend.

Zukunftsperspektive

Wird sich der Mechanismus der geteilten Zahlung europaweit durchsetzen? Eher nicht. Die Europäische Kommission prüfte diese Maßnahme als mögliches flächendeckendes Mittel im Kampf gegen Umsatzsteuerhinterziehung, kam aber zu einem negativen Ergebnis. Es gebe, so das Fazit eines Berichts von 2017, keine eindeutigen Beweise dafür, dass der Nutzen die Kosten überwiegen würde. Einige Länder (z. B. die Niederlande) haben sich explizit gegen die Verpflichtung zu geteilten Zahlungen entschieden und setzen stattdessen auf andere Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug.

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Aleksandra Bal, Senior Product Manager, Vertex Inc. Die Branchenexperten von Vertex bieten Einblicke in die unternehmerischen Auswirkungen steuerlicher Vorschriften, Richtlinien und deren Durchsetzung sowie aufkommender Technologietrends.

Aleksandra Bal

Technologie-Expertin für indirekte Besteuerung

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Als Senior Product Manager ist Aleksandra Bal verantwortlich für die Weiterentwicklung der Lösungen für die Mehrwertsteuermeldung und -Compliance von Vertex.- Aleksandra bringt eine langjährige Erfahrung im internationalen Steuerwesen mit und ist Expertin auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, nicht zuletzt was die Verwaltung und Entwicklung von digitalen Lösungen und digitalen Transformationsinitiativen anbelangt. Die publizierte Autorin und Rednerin besitzt einen Doktortitel (Ph.D.: Kryptowährungen und Blockchain) sowie mehrere weitere höhere Abschlüsse und Auszeichnungen.

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